Erfahrungsbericht Catrin
Meine ersten sieben Tage und Nächte in Toulouse
Sonntag, 26. August
Der Tag der Abreise. Annika, Martha und ich haben beschlossen, gemeinsam mit dem Autozug nach Südfrankreich umzuziehen, da wir so ein Auto und verhältnismäßig viel Gepäck mitnehmen können.
Schließlich werden wir für ein Jahr in Toulouse bleiben und brauchen dort unseren gesamten Hausstand: Kleidung, Bettwäsche, Handtücher, Kochtöpfe, Schlafsäcke, ein Zelt, Inline Skates und und
und. Der Autozug fährt gegen 21h in Neu Isenburg ab. Das Abenteuer kann beginnen.
Montag, 27. August
Am nächsten Morgen kommen wir ausgeschlafen in Narbonne an. Hier trennen sich unsere Wege zunächst. Ich fahre mit dem Auto weiter nach Toulouse, die Mädels nehmen den Zug, da sich im Auto ja unser
gesamter Hausstand befindet und daher kein Platz für zwei weitere Passagiere besteht. Gegen Mittag komme ich in Toulouse an und lerne auch schon den ersten französischen Mitbürger kennen: Einen
verwirrten Mann, der in Zeitlupe über einen imaginären Zebrastreifen tanzt und sich umdreht, als würde er verfolgt werden. Dann am Ende des imaginären Zebrastreifens eine Verbeugung - für wen auch
immer und schwups, ist er auch schon verschwunden... Bienvenue à Toulouse.
Im Wohnheim angekommen versetzt uns der erste Blick in unsere Zimmer einen tiefen Schlag. Ein uraltes Zimmer mit Waschbecken, löchrigem Boden, einem abgenutzten Bett und einem unverkennbaren Geruch.
Toilette und Dusche in ähnlichem Zustand befinden sich auf dem Flur, eine Küche existiert nicht. Tief durchatmen Mädels, alles wird gut. Jetzt wussten wir auch, was der Mitarbeiter des Wohnheims
meinte, als er sagte, dass wir sehr schnell etwas komfortableres finden würden... Keine schwere Aufgabe dachten wir, aber dazu später mehr. Dank Sagrotan und Toilettenpapier sind die Zimmer dann doch
bald bezugsbereit.
Dienstag, 28. August
Vor unserer Abreise hatten wir eigentlich geplant, erst einmal für eine Woche ans Mittelmeer zu fahren, um uns auf Südfrankreich einzustimmen. Nun haben wir jedoch beschlossen, in Toulouse zu bleiben
und sofort nach einer Wohnung zu suchen. Beim Studentenwerk notieren wir uns einige Telefonnummern von potentiellen Vermietern oder WG-Mitbewohnern. Von dort aus geht's weiter Richtung Telefonzelle.
Wir telefonieren eine Anzeige nach der anderen ab und versuchen uns irgendwie zu verständigen.
Da Martha mit recht imposanter Stimme telefoniert, erregten wir wohl großes Aufsehen. So kam es, dass uns ein älteres Ehepaar ansprach, ob wir eine Wohnung suchen würden - es wäre
nicht weit von hier, für zwei Mädels super. Also hinterher, quer durch Toulouse und nach ungefähr 35 Minuten Fußmarsch kamen wir völlig fertig am äußeren Rand von Toulouse an, um uns dort ein
Appartment anzuschauen, in dem Platz für eine von uns wäre, jedoch nicht für zwei. Da jedoch niemand von uns alleine wohnen möchte war diese Sporteinlage also reine Ressourcenverschwendung.
Netterweise bekommen wir noch ein Glas Wasser angeboten und flitzten dann wieder zurück. Am Abend dann noch völlig erschöpft ein Einkauf in einem der größten Einkaufs-Zentren von Toulouse, das wir
ungefähr eine dreiviertel Stunde suchten, um dann an der Kasse die Erdbeermarmelade fallen zu lassen und auf einem gottverlassenen, unbeleuchteten Parkplatz unser verschollenes Auto zu suchen.
Mittwoch, 29. August und Donnerstag, 30. August
Wir klappern erneut von morgens bis abends Anzeigen ab, Erfolg haben wir jedoch nicht. Wir haben zwar mehrere Besichtigungstermine, jedoch verfügen die Wohnungen entweder über keine Türen, einer von
uns müsste im Eingang, also Flur wohnen oder sie sind nicht bezahlbar. Unser anfänglicher Optimismus ist mittlerweile stark getrübt.
Freitag, 31. August
Nun neigt sich unsere erste Woche in Toulouse bereits dem Ende zu. Die gute Nachricht ist: Wir haben heute eine Wohnung gefunden. Die schlechte: Unsere zukünftige Vermieterin ist ein wenig
anstrengend - ihr Mann versuchte uns bei der Besichtigung bereits vor ihr zu schützen, leider ohne Erfolg. Am Ende eines jeden Satzes fragt sie: “Vous avez compris?”, “Tout compris?”, “Compris?”,
“C'est clair?”. Ja, wir haben verstanden. Ja, wann können wir einziehen? Ja, wo ist der Mietvertrag?
Samstag, 01. September
Der Tag der Tage... heute haben Martha und ich den Mietvertrag mit dieser Verrückten abgeschlossen... sehr lustig. Wir sind zunächst zwei Stunden damit beschäftigt, den Mietvertrag auszufüllen.
Wir verstehen nur Bahnhof und sagen einfach nur “Oui, oui!” und hoffen, dass alles gut wird :) Naja, wir werden wohl keine 24 Waschmaschinen gekauft haben - hoffen wir zumindest. Außerdem wurde eine
3-DINA4-Seiten lange Liste mit Dingen, die im möblierten Appartement vorhanden sind, erstellt und miteinander abgeglichen. Der Mann unserer Vermieterin wurde langsam schon nervös, da sie es wohl
wieder etwas übertreiben würde, daraufhin brach dann einer von vielen kleinen Streitigkeiten zwischen den beiden aus... und das alles auf französisch – und wir wundern uns immer wieder, dass wir
überhaupt verstehen, um was es geht. In den nächsten Tagen kommt nun viel auf uns zu: Strom und Gas anmelden, Internet- und Telefonanschluss bestellen, eine Hausrat- und Haftpflichtversicherung
abschließen... aber da wir bis jetzt alles super gemeistert haben, wird auch dies ein Kinderspiel sein ;-)